Lesen und Schreiben kann man lernen - es ist nie zu spät.

Betroffene glauben häufig, mit ihrem Problem allein zu sein. Aber das stimmt nicht: Es gibt viele Menschen, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben.

Fragen & Antworten
  • Christian Dezelski berichtet von seinen Lernerfolgen beim Kurs "Digitale Grundbildung"
  • Karl Lehrer, 49 Jahre, konnte viele Jahre nicht richtig lesen und schreiben.
  • Alan, 21 Jahre, will unbedingt besser Lesen und Schreiben lernen.
  • Peter, 49 Jahre, besucht seit 3 Jahren einen Alphakurs.

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Mein Onkel Franz

Niveau A1, Ernst Klett Verlag

Inhalt: Ein Fleischermeister, der als Pferdehändler nicht nur zu Geld kommt, sondern dadurch sogar zum Millionär wird und trotzdem im Grunde seines Herzens Fleischermeister bleibt - das ist Onkel Franz. Sein Neffe Erich (Kästner) schildert seine Erinnerungen an eine Zeit, in der es so viele arme und so wenig reiche Leute gab.

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Fragen & Antworten

Häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema Analphabetismus


Was ist funktionaler Analphabetismus?

Die Lese- und Schreibfähigkeiten funktionaler Analphabetinnen und Analphabeten ähneln denen von Grundschülerinnen und Grundschülern in den ersten beiden Schuljahren: Sie können einzelne Buchstaben, Wörter oder auch Sätze lesen und schreiben, das Lesen längerer Texte oder das (fehlerfreie) Schreiben fällt ihnen aber noch schwer. Im Alltag stoßen sie deshalb immer wieder an ihre Grenzen: Beim Lesen von Straßenschildern und Beipackzettel oder der schriftlichen Kommunikation über Emails oder SMS.
Erwachsene lernen lesen und schreiben: Schriftbeispiele zu den verschiedenen Alpha-Levels
"Funktionale/r Analphabet/in" bedeutet also, dass ein Mensch nicht in der Lage ist ganze Sätze bzw. zusammenhängende - auch kürzere Texte – zu lesen oder zu schreiben. Dabei werden verschiedene Levels unterschieden: Mit Alpha Level 1 und 2 ist die Unterschreitung der Satzebene (Alpha Level 1 und 2) beschrieben, d.h. die betroffenen Personen können zwar einzelne Wörter lesend verstehen, müssen diese aber Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen. Alpha-Level 3 beschreibt die Unterschreitung der Textebene, auf dem die betroffenen Personen zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben können, aber nicht in der Lage sind, zusammenhängende Texte zu schreiben oder zu lesen.

Wer ist betroffen?

Die neue Literalitätsstudie LEO der Universität Hamburg von 2018 zeigt, dass sich der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung (18-64 Jahre) in Deutschland, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben, auf 6,2 Millionen verringert hat. Damit sank der Anteil der gering Literalisierten auf 12,1% gegenüber 14% bei der ersten LEO-Studie von 2011.

Der Anteil der Männer liegt bei 58,4%. Etwa die Hälfte sind MuttersprachlerInnen und die andere Hälfte Menschen mit Migrationshintergrund. Der überwiegende Anteil (47%) sind Hilfskräfte in der Nahrungsmittelzubereitung, gefolgt von Reinigungspersonal, Bau- und Ausbaufachkräften sowie Bauhilfsarbeitern. Der Anteil der Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten, die erwerbstätig sind, ist von 57% auf 62% gestiegen.

Mehr Infos unter: Dr. Anke Grotlüschen; Klaus Buddeberg; Gregor Dutz; Lisanne Heilmann; Christopher Stammer (2019): LEO-2018-Leben geringer Literalität. Pressebroschüre, Hamburg. Online unter: http:/­/­blogs.­epb.­uni-hamburg.­de/­leo

Wie entsteht funktionaler Analphabetismus?

Das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, individueller, familiärer, schulischer und gesellschaftlicher Art, führt zur Entstehung von funktionalem Analphabetismus. In der Regel wurde trotz Schulbesuch nicht ausreichend lesen und schreiben gelernt, manche vergessen das Gelernte aber auch nach einem Schulbesuch wieder.
Die häufigsten Ursachen sind:
  • sozial und familiär schwierige Verhältnisse, z.B. durch starke Beanspruchung bzw. Verantwortungsübernahme in der Familie im Kindesalter, überforderte oder desinteressierte Eltern
  • Brüche in der Schulbiografie, z.B. häufiger Schulwechsel in Form von Umzügen
  • nicht erkannte Lese- und Rechtschreibschwächen
  • Negative schulische Erfahrungen, z.B. durch Mobbing
  • Geringes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten
  • die einmal erlernten Fähigkeiten wurden wieder vergessen

Wie wirkt sich funktionaler Analphabetismus im alltäglichen Leben und im Beruf aus?

Die Teilnahme am gesellschaftlichen und beruflichen Leben ist für viele funktionale Analphabeten mit Schwierigkeiten und Einschränkungen verbunden. Alltägliche Dinge wie Busfahrplan, Speisekarte im Restaurant oder Beipackzettel eines Medikamentes lesen, Formulare beim Arzt oder auf einem Amt ausfüllen, einen Bankautomaten bedienen, - es gibt täglich eine Fülle von Situationen, in denen funktionale Analphabeten an ihre Grenzen stoßen. Auch im Beruf treten Schwierigkeiten auf, wenn zum Beispiel schriftlich Arbeitsanweisungen gegeben werden oder eine Bedienungsanleitung gelesen werden muss. Die Angst vor der Bloßstellung führt zum Verstecken des Problems und damit zu einer erheblichen psychischen Belastung der Menschen. (siehe auch unsere Interviews mit Lernenden).

Wie erkenne ich einen funktionalen Analphabeten?

Viele Menschen schämen sich und entwickeln deshalb vielfältige Strategien, um ihren Alltag zu meistern und ihre Schwierigkeiten zu verbergen, oft sogar vor der Familie, Freunden und am Arbeitsplatz. Erste Anzeichen könnten sein:
  • Ausdrucksweise: Einfache und monotone Wortwahl
  • Schriftbild: Kindliche Schrift, Schreiben in Druckbuchstaben, gemalte Unterschrift (Bild !)
  • Ausreden zur Vermeidung von Schreib- und Lesesituationen ("Sie können das besser", "die Schrift ist zu klein", "das nehme ich mit nach Hause", "meine Hand ist verletzt")

Weitergehende Informationen finden Sie hier.

Wie kann ich meinem Familienmitglied oder Freund helfen?

Der Schritt, im Erwachsenenalter erneut mit dem Lernen zu beginnen, ist für die meisten schwierig, besonders wenn ein unterstützendes Umfeld fehlt. Deshalb helfen Sie Ihrer/m Angehörigen oder Freund/in besonders, indem Sie ihn/sie ermutigen z.B. "Du bist nicht allein – es geht noch vielen Menschen in Deutschland wie Dir" oder "Es ist nie zu spät". Vorlesen von Schriftstücken oder Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen ist natürlich als "Erste Hilfe" richtig. Da diese Hilfe aber nicht nachhaltig ist, sollte sie nicht auf Dauer zum Einsatz kommen. Helfen Sie vielmehr dabei, einen geeigneten Kurs zu finden und motivieren Sie den/die Lernende/n zum Durchhalten.

Wie finde ich einen geeigneten Kurs?

Viele Bildungseinrichtungen in Rheinland-Pfalz bieten Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse an. Häufig ist auch der Einstieg in bereits laufende Kurse möglich. Aktuelle Kurse in Rheinland-Pfalz finden Sie hier.
Eine Übersicht der Anbieter sowie Kontaktpersonen für Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse aus Ihrer Region, die Sie beraten können, finden Sie hier.
Schriftzug Alfa-Telefon mit Telefonnummer
Das "Alfa-Telefon" unter der Nummer 0251-533344 gibt unter Einhaltung der Anonymität eine kostenlose Beratung für Menschen mit einer Schwäche im Lesen und Schreiben.

Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der finanziellen Förderung von Alphabetisierungs- und Grundbildungskursen.
  • Bildungsprämie des Bundes:
    Mit dem Prämiengutschein der Bildungsprämie übernimmt der Staat die Hälfte der anfallenden Kosten für Fortbildungskurse und Prüfungen von Berufstätigen – bis zu 500 Euro. Wie Sie den Prämiengutschein erhalten, erfahren Sie unter: http:/­/­www.­bildungspraemie.­info
  • QualiScheck - Förderung beruflicher Weiterbildung in Rheinland-Pfalz:
    Gefördert werden Weiterbildungsmaßnahmen für Berufstätige, die der Verbesserung der Fach-, Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz dienen, dazu zählen auch Alphabetisierungskurse.
    Umfassende Informationen zu den Förderbedingungen erhalten Sie unter:
    http:/­/­esf.­rlp.­de/­esf-foerderung-2007-2013/­qualischeck/­ sowie über die kostenfreie QualiScheck-Servicenummer: 0800 5 888 432.
  • Integrationskurse:
    Informationen darüber, ob Sie grundsätzlich an einem Integrationskurs mit Alphabetisierung teilnehmen können, was Sie der Kurs kostet und wie Sie in einen Kurs kommen, erfahren Sie auf den Seiten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF):
    Integrationskurse mit Alphabetisierung
  • Bildungsgutscheine der Arbeitsagentur:
    Im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung können die Agenturen für Arbeit bei Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen Bildungsgutscheine für zuvor individuell festgestellte Bildungsbedarfe aushändigen. Informationen zu den Bildungsgutscheinen finden Sie www.­arbeitsagentur.­de. Für weitergehende Fragen wenden Sie sich bitte an die zuständige Dienststelle der Arbeitsagentur in RLP.

Information: erstellt am 08.05.13, zuletzt geändert am 23.05.19